Lexikon

Adolf Hitler
Adolf Hitler wurde 1889 in Österreich geboren. In den 1920er Jahren wurde er Vorsitzender der NSDAP. Mit der Partei versuchte er 1923 vergeblich, durch einen Putsch in München an die Macht zu kommen. Nachdem die NSDAP bei den Reichstagswahlen viele Stimmen erhielt, wurde Hitler am 30. Januar 1933 zum deutschen Reichskanzler ernannt. Nun baute er mit Gesetzen und staatlichem Terror seine Macht immer weiter aus. Das Deutsche Reich wurde zu einer Diktatur. Der Antisemitismus war ein zentraler Bestandteil der Weltsicht Hitlers und der Nationalsozialisten. Auch der Krieg, die rücksichtslose Besatzung anderer Länder und deren Ausbeutung waren schon lange geplant. Kurz vor Kriegsende 1945 beging Hitler Selbstmord.
»Aktion Arbeitsscheu Reich«
»Aktion Arbeitsscheu Reich« war die Bezeichnung der Nationalsozialisten für mehrere Verhaftungsaktionen im Frühjahr und Sommer 1938. Die Gestapo und die Kriminalpolizei verhafteten im gesamten deutschen Reichsgebiet mehr als 10.000 Männer. Als »arbeitsscheu« wurden Personen bezeichnet, die einen zugewiesenen Arbeitsplatz ablehnten, unerlaubt wechselten oder sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzten. Wer sich dem nationalsozialistischen Arbeitszwang widersetzte, galt als »minderwertig«. Auch andere Menschen, die die Nationalsozialisten als »asozial« ansahen, wurden während der Aktion verhaftet. Dies betraf vor allem Personen aus wirtschaftlich schwachen gesellschaftlichen Randgruppen wie Wohnungslose, Alkoholkranke, Prostituierte oder Sinti und Roma. Die Verordnung wurde auch genutzt, um Juden zu verhaften. Die Betroffenen wurden in Vorbeugungshaft genommen. Das bedeutete, dass sie ohne Gerichtsurteil auf unbestimmte Zeit in Konzentrationslagern eingesperrt wurden, wo sie Zwangsarbeit leisten mussten.
»Aktion Reinhardt«
»Aktion Reinhardt« war der Tarnname der SS für den planmäßigen Massenmord an den Jüdinnen und Juden aus den besetzten polnischen Gebieten sowie zahlreicher Sinti und Roma. Der Tarnname spielt auf den Vornamen Reinhard Heydrichs an. Er war einer der Hauptorganisatoren des Holocaust. Im Mai 1942 war er bei einem Attentat getötet worden. Etwa 1,75 Millionen Menschen wurden in die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka verschleppt. Gleich nach ihrer Ankunft wurden sie in Gaskammern mit Motorabgasen erstickt. Die »Aktion« begann im Frühjahr 1942 und endete im Herbst 1943 mit der Schließung der letzten der drei Vernichtungsstätten. Die Lager wurden zur Tarnung in landwirtschaftliche Höfe umgewandelt.
»Aktion T4«
»Aktion T4« war im Nationalsozialismus der Tarnname für eine Mordaktion an Patient/-innen aus Heil- und Pflegeheimen. »T4« steht für die Berliner Tiergartenstraße 4. Von dort aus wurden die Morde organisiert. Die Nationalsozialisten wollten alle Menschen mit psychischen Krankheiten und körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen sowie sozial unerwünschte Personen ermorden. Das nannten sie beschönigend »Euthanasie«. Von Januar 1940 bis August 1941 töteten Ärzte über 70.000 Patient/-innen aus Heil- und Pflegeanstalten in sechs eigens dafür eingerichteten Gasmordanstalten auf dem Gebiet des Deutschen Reiches. Wegen Protesten aus der Bevölkerung wurde die Tötungsaktion 1941 offiziell eingestellt. Nach dem Abbruch der »Aktion T4« wurde das Personal in das besetzte Polen für die Durchführung der »Aktion Reinhardt« 1942/43 versetzt.
Anschluss Österreichs (Ostmark)
Unter dem Anschluss Österreichs versteht man die Eingliederung des Landes in das Deutsche Reich am 12. März 1938. An diesem Tag marschierte die deutsche Wehrmacht in Österreich ein und Adolf Hitler erklärte den vollständigen Anschluss des Landes. Das Gebiet wurde fortan als Ostmark bezeichnet. Die deutschen Truppen stießen nicht auf Gegenwehr, sondern wurden mit Jubel begrüßt. In beiden Ländern gab es viele Befürworter/-innen für den Zusammenschluss. Vor dem Einmarsch hatte das Deutsche Reich Druck auf Österreich ausgeübt und versucht, Einfluss auf die dortige Politik zu nehmen. Die österreichische Regierung suchte Hilfe bei den europäischen Großmächten. Diese schritten jedoch nicht ein. Gleich nach dem Anschluss Österreichs begannen auch dort Demütigungen und Gewalt gegenüber der jüdischen Bevölkerung.
Antijüdische Gesetze
Die Nationalsozialisten wollten die jüdische Bevölkerung durch immer weiter verschärfte, antijüdische Gesetze aus der Gesellschaft ausschließen und sie zur Auswanderung drängen. Juden und Jüdinnen durften nicht mehr auf öffentliche Schulen gehen, studieren und viele Berufe nicht mehr ausüben. Auch der Besuch von Restaurants und Parks war ihnen untersagt. Die Nürnberger Gesetze verboten ab 1935 Ehen und sexuelle Beziehungen zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Personen. Zur Kennzeichnung mussten Juden und Jüdinnen ab 1939 die Zwangsnamen »Israel« und »Sara« und ab 1941 einen gelben Stern auf der Kleidung tragen.
Antikommunismus
Die Feindschaft gegenüber dem Kommunismus war neben dem Antisemitismus zentral in der Weltsicht der Nationalsozialisten. In ihrer Vorstellung verbanden sich beide Feindbilder. So waren die Nationalsozialisten der Meinung, der Kommunismus sei eine jüdische Erfindung und die kommunistische Sowjetunion sei von Juden gelenkt. Unter anderem aus diesen Gründen führte das Deutsche Reich seinen Krieg gegen die Sowjetunion als einen Vernichtungskrieg. So erhielten deutsche Soldaten beispielsweise den Befehl, alle politischen Kommissare, also kommunistische Funktionäre in der Roten Armee, sofort zu erschießen. Der Befehl verstieß gegen das Völkerrecht, aber nur wenige weigerten sich, ihn auszuführen. Der Kommunismus ist eine Weltsicht, die eine Gesellschaft ohne Kapitalismus, Ausbeutung und gesellschaftliche Klassen zum Ziel hat.
Antisemitismus
Der Begriff Antisemitismus meint die Feindschaft gegenüber Juden und Jüdinnen. Neben Vorurteilen und Hass gehören dazu meist auch die Ablehnung der modernen Gesellschaft, Verschwörungserzählungen und ein Modell der Welterklärung: Juden und Jüdinnen werden darin für alles Schlechte verantwortlich gemacht. Antisemit/-innen gaben Juden zum Beispiel die Schuld an der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg. Bis ins 19. Jahrhundert war der Antijudaismus christlich-religiös motiviert. Dann entwickelten Antisemit/-innen die Vorstellung einer »minderwertigen jüdischen Rasse«. In der Weltsicht der Nationalsozialisten war Antisemitismus zentral und gipfelte im Holocaust, der systematischen Ermordung von etwa sechs Millionen europäischen Juden und Jüdinnen.
Antiziganismus
Der Begriff Antiziganismus bezeichnet eine Form des Rassismus gegenüber Menschen, die abwertend als »Zigeuner/-innen« bezeichnet wurden. Sinti, Roma und andere, weniger bekannte Gruppen wie die Kalé oder Pavee haben eigentlich nicht viel gemeinsam: Sie leben in verschiedenen Ländern und haben unterschiedliche Lebensstile, Kulturen und Religionen. Früher waren viele als fahrende Händler/-innen unterwegs, die meisten von ihnen leben heute jedoch fest an einem Ort. Sie eint die gemeinsame Sprache Romanes. Alle diese Gruppen haben gemeinsam, dass sie seit Jahrhunderten abwertend als »Zigeuner« bezeichnet, ausgeschlossen, diskriminiert und verfolgt werden. Im Nationalsozialismus gipfelte der Antiziganismus in der systematischen Ermordung von bis zu 500.000 Sinti und Roma.
»Arisierung«
Als »arisch« wurden im Nationalsozialismus diejenigen Deutschen bezeichnet, die keine jüdischen Vorfahren hatten. Wenn Eigentum von Juden und Jüdinnen auf »arische« Deutsche überging, wurde das als »Arisierung« bezeichnet. Bereits kurz nach ihrer Machtübernahme im Jahr 1933 riefen die Nationalsozialisten zum Boykott von Geschäften jüdischer Kaufleute auf. Juden und Jüdinnen sollten aus dem wirtschaftlichen Leben gedrängt werden. Viele kleinere Unternehmen gingen bankrott. Zudem wurde jüdischen Menschen die Arbeit in immer mehr Berufsfeldern verboten. Nach dem Novemberpogrom 1938 verbot man Juden und Jüdinnen auch das Führen von Betrieben und Geschäften. Viele jüdische Unternehmer/-innen mussten ihre Firmen und Immobilien weit unter Wert an »Arier/-innen« verkaufen. Unternehmen, Häuser, Vermögen und anderer Besitz von Juden und Jüdinnen wurden auch zwangsweise enteignet. Das heißt, sie wurden beschlagnahmt und anderen, »arischen« Personen oder dem Staat zugesprochen.
»Asozial«
Die Nationalsozialisten bezeichneten viele Menschen, die nicht ihren Vorstellungen entsprachen, als »asozial«. Das betraf vor allem Menschen aus wirtschaftlich schwachen gesellschaftlichen Randgruppen wie Arbeits- oder Wohnungslose, Alkoholkranke, Prostituierte, Kleinstkriminelle, unangepasste Jugendliche oder Frauen mit wechselnden Sexualpartner/-innen. Ihnen wurde vorgeworfen, dass sie mit »asozialem Verhalten« die Gemeinschaft gefährden würden. Daher wurden viele von ihnen in Arbeitshäuser eingewiesen, wo sie Zwangsarbeit leisten mussten, oder wurden in Vorbeugungshaft genommen. Mit der Vorbeugungshaft wollte die Kriminalpolizei Verbrechen vorbeugen, also vermeiden. Die Nationalsozialisten waren der Meinung, dass Menschen, die einmal eine Straftat begangen hatten, dies immer wieder tun würden. Daher wiesen sie sie ohne Gerichtsurteil auf unbestimmte Zeit in Konzentrationslager ein. Ab 1938 wendeten sie die Vorbeugungshaft verstärkt auf Personen an, die keine Straftat begangen hatten, die sie jedoch als »asozial« ansahen. Die Menschen, die als »Asoziale« verfolgt wurden, erhielten nach Kriegsende keine Entschädigungszahlungen und wurden weiterhin diskriminiert. Erst 2020 wurden sie vom Bundestag als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt.
Auschwitz-Erlass
Der Auschwitz-Erlass war ein Befehl, der die Deportation aller Sinti und Roma aus dem Deutschen Reich und den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten nach Auschwitz anordnete. Heinrich Himmler, der Chef der SS und der deutschen Polizei, unterzeichnete den Erlass am 16. Dezember 1942. Daraufhin wurden ab Anfang 1943 etwa 23.000 Sinti und Roma mit ihren gesamten Familien verschleppt. Sie wurden in einem Abschnitt des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau eingesperrt, den die SS als »Zigeunerlager« bezeichnete. Innerhalb weniger Monate starben die meisten von ihnen an Hunger, Krankheiten, Menschenversuchen, oder durch Gewalt der SS. Am 16. Mai 1944 wehrten sich die 6.000 noch lebenden Gefangenen gegen ihre drohende Ermordung. Etwa die Hälfte von ihnen wurde daraufhin zur Zwangsarbeit in andere Konzentrationslager deportiert. Die letzten 4.300 Frauen, Alten und Kinder wurden in der Nacht vom 2. auf den 3. August in den Gaskammern ermordet.
»Außerordentliche Befriedungsaktion« (ABA)
Mit dem Decknamen »Außerordentliche Befriedungsaktion«, kurz ABA, bezeichneten die Nationalsozialisten die systematische Hinrichtung vermeintlicher Widerstandskämpfer/-innen ab dem Frühjahr 1940 in Polen. Nach dem Überfall auf Polen im September 1939 wollten die deutschen Besatzer in den Gebieten, die sie als Generalgouvernement in das Deutsche Reich eingliederten, jeden Ansatz zum Widerstand niederschlagen. Daher begannen sie ab dem 16. Mai 1940 auf Befehl des Generalgouverneurs Hans Frank, Pol/-innen zu verhaften, die ihrer Meinung nach Widerstandsgruppen anführen könnten. Um den Anschein von Rechtmäßigkeit zu wahren, wurden die Verhafteten von einem Standgericht zum Tode verurteilt. Das Urteil stand von vornherein fest und die Hinrichtung fand oft sofort danach statt. Bis zum Sommer 1940 ermordeten die Nationalsozialisten im Rahmen der ABA mindestens 6.500 Personen.
Befreiung
Der Begriff Befreiung meint das Ende der deutschen Besatzungsherrschaft im Zweiten Weltkrieg. Ab Anfang 1943 geriet die deutsche Wehrmacht in die Defensive. Die Rote Armee und etwas später auch die anderen Alliierten USA, Frankreich und Großbritannien drängten die deutschen Truppen Stück für Stück zurück. Dabei befreiten sie die Städte und Dörfer, die sie erreichten, von der deutschen Besatzung. Auch die Konzentrationslager wurden befreit. Die SS zwang die Häftlinge allerdings oftmals noch auf Todesmärsche, die viele von ihnen nicht überlebten. Nachdem auch Berlin eingenommen war und Adolf Hitler Selbstmord begangen hatte, unterzeichnete das Oberkommando der Wehrmacht am 8. bzw. 9. Mai 1945 die bedingungslose Kapitulation. An diesem Datum wird heute noch in vielen Ländern das Ende des Zweiten Weltkrieges und des Nationalsozialismus gefeiert und der vielen Millionen Opfer gedacht.
Bund Deutscher Mädel (BDM)
Der Bund Deutscher Mädel (BDM) war die nationalsozialistische Jugendorganisation für Mädchen und junge Frauen. Er war der weibliche Zweig der Hitlerjugend. Alle anderen Jugendverbände wurden 1933 verboten. Kinder und Jugendliche sollten nicht nur in der Schule, sondern auch in ihrer Freizeit nationalsozialistisch erzogen werden. Daher wurde ab 1939 die Mitgliedschaft im BDM für die 10- bis 17-jährigen Mädchen, die als »arisch« galten, verpflichtend. Er war in zwei Altersgruppen eingeteilt: Die 10- bis 13-jährigen Mädchen waren Mitglieder des Jungmädelbundes. Der BDM selbst erfasste die 14- bis 17-Jährigen. Dort sollten sie Disziplin und Gehorsam lernen. Bei Heimabenden wurde ihnen die rassistische und antisemitische Weltanschauung vermittelt. Mit dem Erlernen von hauswirtschaftlichen Fähigkeiten sollten die Mädchen und jungen Frauen auf ein Leben als Ehefrau und Mutter vorbereitet werden. Außerdem lernten sie Volkslieder, trieben Sport und unternahmen gemeinsame Ausflüge. Vielen BDM-Mitgliedern gefielen die Aktivitäten mit Gleichaltrigen.
Denunziation
Der Begriff Denunziation stammt vom lateinischen Wort »denuntiatio«, welches »Ankündigung« oder »Anzeige« bedeutet. Denunziant/-innen zeigten gegen den Nationalsozialismus gerichtetes Verhalten an. Dazu zählte zum Beispiel der Kontakt zu jüdischen Menschen, Kritik an Adolf Hitler, politisches Engagement gegen den Nationalsozialismus oder das Hören »feindlicher« Radiosender im Krieg. Die Gestapo nutzte die Denunziationen für ihre Ermittlungen und um die Bevölkerung zu überwachen. Die NSDAP baute ein System aus Informant/-innen auf, sogenannten Blockwart/-innen. Im Nationalsozialismus gab es sehr viele Denunziationen. Die Menschen verrieten manchmal sogar ihre eigenen Familienmitglieder. Für die Verratenen konnte das je nach Vorwurf schlimme Konsequenzen haben, bis hin zur Haft in einem Konzentrationslager oder der Todesstrafe. So waren Denunziationen ein zentrales Mittel, um die Bevölkerung zu überwachen und um die Menschen zu verfolgen, die sie zu Gegner/-innen erklärt hatten.
Deportation
Bei einer Deportation werden Menschen zwangsweise verschleppt oder umgesiedelt. Die Nationalsozialisten deportierten Millionen von Menschen aus ganz Europa, die sie als Feind/-innen ansahen, in Ghettos, Konzentrations- oder Vernichtungslager. Das betraf unter anderem politische Gegner/-innen, Sinti und Roma sowie Juden und Jüdinnen. Zahlreiche Zivilist/-innen aus den besetzten Ländern wurden außerdem zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich deportiert. Die systematische Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich begann am 15. Oktober 1941. Die Menschen mussten oft ohne Vorwarnung ihre Wohnungen verlassen und durften nur wenige Dinge mitnehmen. Die Fahrt in einfachen Personenzügen dauerte meist mehrere Tage. Wasser oder Nahrung erhielten die Menschen nicht, sodass viele bereits während der Fahrt starben.
Deserteure
Als Deserteure werden Soldaten bezeichnet, die ohne Erlaubnis ihre Truppe verlassen. Ein anderes Wort dafür ist Fahnenflucht. Im Zweiten Weltkrieg desertierten etwa 400.000 deutsche Soldaten, das waren knapp zwei Prozent der Wehrmachtsangehörigen. Manche lehnten den Krieg aus religiösen oder politischen Gründen ab. Andere hatten Angst oder verließen ihre Truppe aus persönlichen Gründen. Als eine Niederlage des Deutschen Reiches immer wahrscheinlicher wurde, empfanden einige das Kämpfen als immer sinnloser. Im Verlauf des Krieges ging die Militärjustiz immer härter gegen Fahnenflüchtige vor. Etwa zwei Drittel der Deserteure konnten sich verstecken, liefen zu feindlichen Truppen über oder kamen in Kriegsgefangenschaft. Ein Drittel wurde von der Militärpolizei aufgegriffen. Wegen Fahnenflucht Verurteilte wurden in Zuchthäuser und Konzentrationslager eingewiesen oder Strafeinheiten der Wehrmacht zugeteilt. Dort sollten sie sich bei besonders gefährlichen Fronteinsätzen beweisen. Bis zu 30.000 Deserteure wurden von Militärgerichten zum Tode verurteilt und mindestens 20.000 von ihnen wurden hingerichtet. Zum Vergleich: Im Ersten Weltkrieg vollstreckte das deutsche Militär weniger als fünfzig Todesurteile. Erst 2002 wurden die Urteile offiziell aufgehoben.
Edelweißpiraten
Als Edelweißpiraten werden verschiedene unangepasste, oppositionelle Jugendgruppen im Nationalsozialismus bezeichnet. Einige von ihnen trugen Anstecker mit einem Edelweiß, einer weißen Blume, als Erkennungszeichen. Sie lehnten den Zwang und die Militarisierung, das sich kampfbereit machen, in HJ und BDM ab. Um sich eigene Freiräume zu schaffen, veranstalten sie Zeltlager und Wanderungen. Anders als bei der HJ unternahmen Mädchen und Jungen die Ausflüge gemeinsam. Dabei trugen sie oft weiße Kniestrümpfe und Lederhosen, um sich von den Uniformen der HJ abzuheben. Ursprünglich waren die Edelweißpiraten wenig politisch. Allerdings kam es oftmals zu Prügeleien mit HJ-Mitgliedern. Einige Edelweißpiraten schrieben regimekritische Parolen an Hauswände oder verfassten Flugblätter, in denen sie zum Widerstand aufriefen. Die Gestapo verfolgte die Jugendlichen. Es drohte Folter, die Haft in einem Gefängnis oder Konzentrationslager und sogar die Todesstrafe.
Emigration
Der Begriff Emigration bedeutet »Auswanderung«. Als Reaktion auf ihre fortschreitende Entrechtung und Verfolgung im Nationalsozialismus versuchten viele Juden und Jüdinnen, das Deutsche Reich zu verlassen. Eine Flucht ins Ausland war allerdings schwierig. Man benötigte Geld und ein Visum. Doch eine solche Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, war nicht leicht. Die meisten Länder nahmen nur eine geringe Anzahl an Flüchtlingen auf. Hinzu kam, dass die Auswandernden ihr Vermögen zurücklassen mussten, da das Deutsche Reich eine »Fluchtsteuer« erhob. Trotz der Schwierigkeiten gelang es etwa 300.000 jüdischen Menschen, das Deutsche Reich zu verlassen. Viele Juden und Jüdinnen wollten in die USA und nach Palästina auswandern, doch dort waren die Zahlen der aufgenommenen Flüchtlinge stark begrenzt. Daher flohen viele in die Länder, die an das Deutsche Reich angrenzten. Auch Lateinamerika, Südafrika oder Shanghai waren Ziele. Ab Kriegsbeginn 1939 wurde die Emigration noch schwieriger. Im Herbst 1941 machten die Nationalsozialisten jegliche Auswanderung unmöglich.Auswanderung«. Als Reaktion auf ihre fortschreitende Entrechtung und Verfolgung im Nationalsozialismus versuchten viele Juden und Jüdinnen, das Deutsche Reich zu verlassen. Eine Flucht ins Ausland war allerdings schwierig. Man benötigte Geld und ein Visum. Doch eine solche Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, war nicht leicht. Die meisten Länder nahmen nur eine geringe Anzahl an Flüchtlingen auf. Hinzu kam, dass die Auswandernden ihr Vermögen zurücklassen mussten, da das Deutsche Reich eine »Fluchtsteuer« erhob. Trotz der Schwierigkeiten gelang es etwa 300.000 jüdischen Menschen, das Deutsche Reich zu verlassen. Viele Juden und Jüdinnen wollten in die USA und nach Palästina auswandern, doch dort waren die Zahlen der aufgenommenen Flüchtlinge stark begrenzt. Daher flohen viele in die Länder, die an das Deutsche Reich angrenzten. Auch Lateinamerika, Südafrika oder Shanghai waren Ziele. Ab Kriegsbeginn 1939 wurde die Emigration noch schwieriger. Im Herbst 1941 machten die Nationalsozialisten jegliche Auswanderung unmöglich.
»Endlösung der Judenfrage«
Als »Endlösung der Judenfrage«, oder kurz »Endlösung«, umschrieben die Nationalsozialisten die Ermordung der europäischen Juden und Jüdinnen. Es handelte sich um einen Tarnbegriff, der ihre wahren Absichten verschleierte.
Ermächtigungsgesetz
Das Ermächtigungsgesetz ermöglichte es der nationalsozialistischen Regierung, ohne die Zustimmung des Reichstages Gesetze zu erlassen. Es wurde am 23. März 1933 vom Reichstag verabschiedet. Da das Ermächtigungsgesetz die Verfassung änderte, benötigte es bei der Abstimmung zwei Drittel der Stimmen der Reichstagsabgeordneten. Nach der taktischen Zusicherung Adolf Hitlers, dass er das Gesetz kontrolliert anwenden und demokratische Organe nicht einschränken würde, stimmten auch die Abgeordneten der bürgerlichen Parteien dafür. Nur die SPD stimmte gegen das Gesetz. Die Abgeordneten der KPD waren nicht anwesend, da die Nationalsozialisten ihre Partei zuvor verboten hatten. Mit dem Ermächtigungsgesetz entmachtete sich der Reichstag selbst. Die Nationalsozialisten konnten nun ohne parlamentarische Kontrolle regieren und ungehindert eine Diktatur aufbauen.
»Euthanasie«
Das Wort »Euthanasie« kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet »guter« oder »schöner Tod«. Dieser Begriff wurde im Nationalsozialismus für den Massenmord an Menschen mit psychischen Krankheiten und körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen verwendet. Ihre Gene galten in der nationalsozialistischen »Rassenlehre«, die den Mord mit unwissenschaftlichen Mitteln rechtfertigte, als »minderwertig«. Sie würden zu einer »Verschlechterung der deutschen Rasse« führen. Mit dieser Begründung wurden viele Betroffene zunächst zwangssterilisiert. Die Nationalsozialisten waren zudem der Meinung, dass Personen, die nicht in der Lage waren zu arbeiten, es auch nicht wert seien, zu leben. Besonders ab dem Beginn des Zweiten Weltkrieges im Herbst 1939 wurde ihre Unterbringung und Ernährung als zu teuer angesehen. Daher töteten Ärzte in der »Aktion T4« zwischen Januar 1940 und August 1941 über 70.000 Patient/-innen aus Heil- und Pflegeanstalten in sechs eigens dafür eingerichteten Gasmordanstalten auf dem Gebiet des Deutschen Reiches. Wegen Protesten aus der Bevölkerung wurde die Tötungsaktion 1941 offiziell eingestellt. Im Geheimen wurde sie jedoch in den Heimen weitergeführt. Die Mitarbeitenden ließen die Patient/-innen gezielt verhungern oder töteten sie mit Giftspritzen. Bis 1945 wurden insgesamt etwa 300.000 Patient/-innen ermordet.
Führerstaat
Das Deutsche Reich wird auch als Führerstaat bezeichnet, weil der ganze Staat auf Adolf Hitler, den »Führer«, ausgerichtet war und er nahezu unbegrenzte Macht besaß. Bereits in der Aufstiegsphase der NSDAP in den 1920er Jahren gelang es Hitler, sich eine zentrale Machtstellung zu schaffen und einen Personenkult um sich aufzubauen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bauten sie diesen Führerkult mit gezielter Propaganda weiter aus, bis hin zu einer fast religiösen Verehrung Hitlers. Nach dem Erlass des Ermächtigungsgesetzes im Jahr 1933 und dem Tod des Reichspräsidenten Hindenburg 1934 gab es keine Institution oder Person mehr, die Hitlers Machtstellung hätte begrenzen können. Ohne jegliche Kontrolle konnte er Gesetze erlassen. Auch die Armee wurde nun auf ihn persönlich und nicht mehr auf die Verfassung vereidigt.
Fürsorgeerziehung
Fürsorgeerziehung bedeutet, dass Kinder und Jugendliche auf Anordnung eines Gerichts aus ihren Familien geholt, in die Obhut von staatlichen Behörden gestellt und in einem Heim untergebracht werden. Heute geschieht dies vor allem, um Kinder, deren Eltern überfordert oder gewalttätig sind, zu schützen. Die Nationalsozialisten betrieben unter dem Vorwand der Fürsorge »Rassenpolitik«. Das heißt, dass sie die Menschen, die sie als »rassisch minderwertig« ansahen, aus der Gesellschaft ausschlossen und verhindern wollten, dass diese Kinder bekommen. Sie gaben viele Kinder in Fürsorgeerziehung, die aus wirtschaftlich schwachen Arbeiterfamilien stammten oder sich (politisch) unangepasst verhielten. In den Heimen sollten sie zu »nützlichen« Mitgliedern der »Volksgemeinschaft« erzogen werden. Wer allerdings nicht als »arisch« eingestuft wurde, eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung hatte, sich weiter unangepasst verhielt oder nicht in der Lage war zu arbeiten, galt als »unerziehbar«. Unter miserablen Bedingungen sperrten die Behörden diese Jugendlichen in Heimen ein. Viele wurden zwangssterilisiert, in Jugendkonzentrationslager eingewiesen oder ermordet.
Generalgouvernement
Als Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete bezeichneten die Nationalsozialisten die Teile Polens, die sie im Zweiten Weltkrieg besetzten und unter deutsche Verwaltung stellten. Während sie die westlichen Landesteile zu einem Teil des Reiches erklärten, stellten sie die Gebiete in der Mitte Polens lediglich unter deutsche Verwaltung. An der Spitze dieser Verwaltung stand der »Generalgouverneur« Hans Frank. Die deutsche Besatzungsherrschaft bedeutete für die polnische Bevölkerung Terror, Entrechtung und die Verschleppung zur Zwangsarbeit. Juden und Jüdinnen mussten zunächst in Ghettos leben. Ab 1941 errichteten die Nationalsozialisten im Generalgouvernement Vernichtungslager zur Ermordung der jüdischen Bevölkerung.
Gestapo
Die Abkürzung Gestapo steht für »Geheime Staatspolizei«. Die Nationalsozialisten schufen die Gestapo zur Überwachung und Bekämpfung politischer Gegner/-innen. Auch an der Verfolgung von Minderheiten waren Gestapobeamte maßgeblich beteiligt. Trotz ihres Namens arbeitete die Gestapo keineswegs im Geheimen. Die Gestapo-Zentrale in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße 8 (heute Dokumentationszentrum Topographie des Terrors) war berüchtigt. Mit Folter erzwangen die Mitarbeiter dort Geständnisse. Die nationalsozialistische Führung weitete die Befugnisse der Gestapo immer mehr aus. Ohne richterliche Prüfung konnten die Beamten Wohnungen durchsuchen, Personen in »Schutzhaft« nehmen, in Konzentrationslager einweisen oder ermorden. Außerdem bauten sie ein weitreichendes System von Spitzeln auf. Viele Menschen denunzierten verbotenes oder unerwünschtes Verhalten bei der Gestapo. In den besetzten Gebieten waren Gestapobeamte als Angehörige der Einsatzgruppen an Massenerschießungen und anderen Mordaktionen beteiligt. In den Nürnberger Prozessen nach Kriegsende wurde die Gestapo als verbrecherische Organisation eingestuft.
Ghetto
Ghettos waren von der Außenwelt abgetrennte Stadtviertel, in denen die Nationalsozialisten die jüdische Bevölkerung sowie Sinti und Roma zwangen zu leben. Sie waren meist von hohen Mauern oder Stacheldraht umgeben. Nachdem die Deutschen im Zweiten Weltkrieg viele europäische Länder erobert hatten, errichteten sie in Osteuropa eine große Zahl an Ghettos. Etwa die Hälfte von ihnen lag in Polen. Die Lebensbedingungen waren katastrophal. Zudem mussten die meisten Bewohner/-innen schwere Zwangsarbeit verrichten, vor allem für die deutsche Kriegsindustrie. Viele starben an den schlechten Verhältnissen. Von den Ghettos wurden die Menschen überwiegend in die Vernichtungslager verschleppt, wo sie ermordet wurden. In einigen Ghettos, zum Beispiel in Warschau, gab es jedoch jüdische Widerstandsgruppen, die Fluchten und sogar bewaffnete Aufstände organisierten.
Gleichschaltung
Als Gleichschaltung bezeichneten die Nationalsozialisten die Maßnahmen, die sie sofort nach der Machtübernahme im Jahr 1933 ergriffen, um alle gesellschaftlichen Lebensbereiche unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie lösten alle Organisationen, Parteien und Vereine, die sich ihrer Herrschaft widersetzten oder eine andere politische Ausrichtung hatten, auf. Einige ersetzten sie durch neue, nationalsozialistisch geprägte Organisationen. So lösten sie zum Beispiel die Gewerkschaften auf. Anschließend organisierten sie die Arbeitnehmer/-innen gemeinsam mit den Arbeitgeber/-innen zwangsweise in der neu geschaffenen Deutschen Arbeitsfront. Auch in Rundfunk, Zeitung und im Staatsdienst durfte nur noch arbeiten, wer nicht jüdisch und dem Staat gegenüber loyal war.
Graue Busse
Mit grauen Bussen transportierten die Nationalsozialisten Patient/-innen von Heil- und Pflegeanstalten in sechs eigens eingerichtete Tötungsanstalten, um sie dort mit Gas zu ermorden. Im Rahmen dieser sogenannten »Aktion T4« töteten die Nationalsozialisten in den Jahren 1940 und 1941 über 70.000 Menschen mit psychischen Krankheiten und körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen sowie sozial unerwünschte Personen. Diese Morde bezeichneten sie verschleiernd als »Euthanasie«. Die Busse gehörten der Tarnorganisation »Gemeinnützige Krankentransportgesellschaft«, die die Transporte der Menschen in die Tötungsanstalten organisierte. Damit sie nicht auffielen, wurden die Busse grau angestrichen. Wegen Protesten aus der Bevölkerung wurde die T4-Tötungsaktion im Sommer 1941 offiziell eingestellt. Seit 2006 erinnert das Denkmal der grauen Busse in der Heilanstalt Weißenau in Ravensburg an die Abtransporte der dortigen Patient/-innen in die Tötungsanstalt Grafeneck.
Hitler-Stalin-Pakt
Als Hitler-Stalin-Pakt wird das Nichtangriffsabkommen bezeichnet, den das Deutsche Reich und die Sowjetunion am 23. August 1939 schlossen. Die nationalsozialistische Führung schloss das Abkommen, um seinen Überfall auf Polen abzusichern. Adolf Hitlers Ziel war es, mit dem Nichtangriffspakt eine mögliche sofortige Kriegserklärung der Sowjetunion als Reaktion darauf zu verhindern. In einem geheimen Zusatzprotokoll teilten die Vertragspartner Polen, in das sie beide im September 1939 einmarschierten, bereits unter sich auf. Allerdings plante Hitler von Anfang an, den Nichtangriffspakt zu brechen. Die Bekämpfung des Kommunismus war ein erklärtes Ziel der Nationalsozialisten. So überfiel die deutsche Wehrmacht im Juni 1941 die Sowjetunion und begann dort ebenfalls einen brutalen Vernichtungskrieg.
Hitlerjugend (HJ)
Die Hitlerjugend (HJ) war die nationalsozialistische Jugendorganisation für Jungen. Ihr weiblicher Zweig war der Bund Deutscher Mädel. Alle anderen Jugendverbände wurden 1933 verboten. Kinder und Jugendliche sollten nicht nur in der Schule, sondern auch in ihrer Freizeit nationalsozialistisch erzogen werden. Daher wurde ab 1939 die Mitgliedschaft in der HJ für die 10- bis 18-Jährigen, die als »arisch« galten, verpflichtend. Sie war in zwei Altersgruppen eingeteilt: Die 10- bis 14-jährigen Jungen waren Mitglieder des Deutschen Jungvolkes. Die eigentliche HJ erfasste die 15- bis 18-Jährigen. Vielen Jungen gefielen die gemeinsamen Ausflüge in die Natur, der Sport und die Paraden. Damit wurden sie allerdings bereits auf ihren späteren Kriegseinsatz als Soldaten vorbereitet. Sie sollten diszipliniert, gehorsam und körperlich fit sein. Bei Heimabenden wurde ihnen außerdem die rassistische und antisemitische Weltanschauung vermittelt.
Hochverrat
Der juristische Begriff Hochverrat bezeichnete im Nationalsozialismus Vergehen, die sich gegen den Staat, seine Führung, die NSDAP oder die »Volksgemeinschaft« richteten. Dazu zählte das Vorhaben, mit Gewalt die Regierung zu stürzen. Auch die politische Arbeit gegen die Nationalsozialisten, zum Beispiel das Verfassen regimekritischer Flugblätter und andere kleinere Vergehen, stuften die Nationalsozialisten bereits als Hochverrat ein. Die Beschuldigten wurden in Prozessen vor dem Volksgerichtshof verurteilt. Wie bei den Geschwistern Scholl lautete das Urteil häufig Todesstrafe. Die harten Strafen dienten der Abschreckung der restlichen Bevölkerung. Die Nationalsozialisten nutzten den Vorwurf des Hochverrats besonders, um Kommunist/-innen und andere politisch linksstehende Menschen zu verfolgen und einzuschüchtern. So konnte die Unterstützung einer kommunistischen Organisation zu einer Verurteilung wegen Hochverrats führen. Sogar das Hören von Radio Moskau, aber auch des englischen Senders BBC, verfolgten die Nationalsozialisten als Hochverrat. Während des Zweiten Weltkrieges verurteilte der Volksgerichtshof viele Widerstandskämpfer/-innen in den besetzten Gebieten. Auch Sabotage, also das absichtliche langsame oder fehlerhafte Arbeiten, in Rüstungsbetrieben wurde als Hochverrat bestraft. Im Jahr 1998 wurden die Urteile als Unrecht eingestuft und nachträglich aufgehoben.
Holocaust
Der Begriff Holocaust bezeichnet den Völkermord an 5,6 bis 6 Millionen europäischen Juden und Jüdinnen durch die Nationalsozialisten und ihre Verbündeten. Das Wort stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet »Brandopfer« oder »vollständig verbrannt«. Ein anderer Begriff, der vor allem von Juden und Jüdinnen verwendet wird, ist Schoah. Das hebräische Wort bedeutet »Katastrophe«. Ohne den Zweiten Weltkrieg wäre der Holocaust nicht möglich gewesen. Denn vor allem in den besetzten Gebieten in Osteuropa errichteten die Nationalsozialisten ab 1939 Ghettos und Konzentrationslager. Dorthin deportierten sie jüdische Menschen aus ganz Europa. Zudem töteten sie dort viele Juden und Jüdinnen bei Massenerschießungen und anderen Mordaktionen. Die systematische Ermordung durch Giftgas fand ab 1941 in Vernichtungslagern in den eroberten polnischen Gebieten statt.
Homophobie
Als Homophobie bezeichnet man den Hass oder die Feindschaft gegenüber Homosexuellen. Der Begriff ist allerdings umstritten, denn »Phobie« bedeutet »Angst« oder »Furcht«. Homophobes Verhalten, das von Vorurteilen und Ablehnung bis hin zu Gewalt, Verfolgung und Ermordung reicht, lediglich als Angst zu bezeichnen, beschreibt diese Formen der Diskriminierung nicht treffend. Einige Menschen verwenden daher den Begriff Homofeindlichkeit oder Homosexuellenfeindlichkeit. Die Feindlichkeit gegenüber schwulen, lesbischen und bisexuellen Personen existierte schon vor dem Nationalsozialismus in der deutschen Gesellschaft. Die Nationalsozialisten verfolgten männliche Homosexuelle jedoch besonders vehement. Sie sahen in ihnen eine Bedrohung der staatlichen und der öffentlichen Ordnung. Auf Grundlage des Paragraphen 175, der sexuelle Handlungen zwischen Männern verbot, wiesen sie zahlreiche Beschuldigte in Konzentrationslager ein. Homosexuelle Frauen verfolgten die Nationalsozialisten weniger stark, doch auch sie konnten ihre Sexualität nicht frei leben. Nach 1945 bestanden der Paragraph 175 und die Feindlichkeit gegenüber Homosexuellen fort.
Jugendopposition
Der Begriff Opposition beschreibt Haltungen, Gruppen oder Parteien, die die Politik der Regierung ablehnen. Als Jugendopposition bezeichnet man junge Menschen, die sich im Nationalsozialismus dem Druck zur Anpassung widersetzten. Sie wollten sich nicht vorschreiben lassen, wie sie zu leben haben. Mitglieder der Swing-Jugend hörten US-amerikanische Musik, die im Nationalsozialismus verpönt war. Ähnlich wie die Edelweißpiraten im Ruhrgebiet waren sie zunächst wenig politisch. Sie lehnten aber den Zwang und die Militarisierung in HJ und BDM ab. Je länger der Zweite Weltkrieg dauerte, desto mehr Jugendliche schlossen sich den unangepassten Jugendgruppen an. Edelweißpiraten grenzten sich über bestimmte Kleidung von den Uniformen der HJ ab. Mit den HJ-Mitgliedern kam es häufig zu Prügeleien. Um sich Freiräume zu schaffen, unternahmen sie gemeinsame Ausflüge und Wanderungen in die Natur. Andere, wie die studentische Widerstandsgruppe Weiße Rose, verfassten Flugblätter. Darin riefen sie zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus auf. Jede Form von Opposition war gefährlich. Die Nationalsozialisten wiesen unangepasste Jugendliche in Gefängnisse, Konzentrationslager, speziell eingerichtete Jugendkonzentrationslager und in Wehrertüchtigungslager ein oder verhängten sogar die Todesstrafe.
Kindertransporte
Die Kindertransporte bildeten eine großangelegte Rettungsaktion jüdischer Kinder aus dem Deutschen Reich. Sie wurden von jüdischen Organisationen und Quäkern, einer christlichen Religionsgemeinschaft, organisiert. Zwischen Dezember 1938 und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 brachten sie rund 10.000 jüdische Kinder nach Großbritannien, um sie vor der nationalsozialistischen Verfolgung zu retten. Weitere Kinder wurden nach Frankreich, Schweden, in die Niederlande und in andere europäische Länder gebracht. Als Reaktion auf die Novemberpogrome hatten die Staaten sich bereit erklärt, Kinder aufzunehmen. Die Kinder waren zwischen 6 Monaten und 16 Jahren alt. Sie durften keine Wertgegenstände, sondern lediglich einen Koffer, eine Handtasche und zehn Reichsmark mitnehmen. Im Gastland lebten sie bei Pflegeeltern oder in Heimen. Die Kinder waren oft die einzigen Überlebenden ihrer Familien.
Konzentrationslager
Konzentrationslager waren große, stark bewachte Anlagen, in denen die Nationalsozialisten Menschen einsperrten, die sie als Feind/-innen ansahen. Als die Nationalsozialisten an der Macht waren, errichteten sie überall in ihrem Machtbereich Lager. Zu den Häftlingen zählten Juden und Jüdinnen, Sinti und Roma, politische Gegner/-innen, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, sowjetische Kriegsgefangene, Menschen, die abwertend als »Asoziale« und »Berufsverbrecher« bezeichnet wurden. Zwischen 1933 und 1945 waren insgesamt 2,5 bis 3,5 Millionen Menschen in Konzentrationslagern inhaftiert. Die Lebensbedingungen waren meist katastrophal. Hunderttausende Häftlinge starben an Erschöpfung durch die schwere körperliche Zwangsarbeit, an Unterernährung, Krankheiten, Folter, medizinischen Versuchen oder durch gezielte und willkürliche Morde der Bewacher.
Kriegsgefangenschaft
Als Kriegsgefangenschaft bezeichnet man die Gefangennahme von Soldat/-innen durch eine gegnerische Armee in einem Krieg. Viele Staaten haben sich dazu verpflichtet, Kriegsgefangene menschlich zu behandeln. Das wurde in einem bis heute gültigen internationalen Vertrag, den Genfer Konventionen, festgeschrieben. Kriegsgefangene haben das Recht auf eine angemessene Unterkunft, Nahrung und medizinische Versorgung. Außerdem dürfen sie nicht zur Zwangsarbeit herangezogen, gefoltert oder ermordet werden. Im Zweiten Weltkrieg hielt sich das Deutsche Reich auf den östlichen Kriegsschauplätzen, besonders im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, nicht an die Genfer Konventionen. Von den 5,7 Millionen kriegsgefangenen Soldat/-innen der Roten Armee überlebten mindestens 2,5 Millionen nicht. Sie starben durch Aushungern oder bei Erschießungen. Die Nationalsozialisten begründeten die schlechte Behandlung damit, dass die Sowjetunion die Genfer Konventionen nicht unterzeichnet hatte, tatsächlich waren jedoch ihr Antikommunismus, Antisemitismus und Rassismus ausschlaggebend.
Lebensbornkinderheim
Die Lebensbornkinderheime waren von der SS getragene Heime, in denen Kinder aufgenommen wurden, die als »arisch«, also einer vermeintlichen »höheren nordischen Menschenrasse« angehörend, eingestuft wurden. Von dort wurden sie in nationalsozialistische Familien vermittelt. Heinrich Himmler, der Reichsführer SS, gründete den Verein Lebensborn 1935, um die Geburtenrate »arischer« Kinder zu erhöhen. Daher konnten unverheiratete, schwangere Frauen in Lebensbornheimen anonym entbinden. Das war allerdings nur möglich, wenn sie und der Vater des Kindes gemäß der nationalsozialistischen Rassenlehre als »arisch« galten. Dadurch wollte man die Abtreibung »rassisch wertvoller« Kinder verhindern. Aus den besetzten Gebieten verschleppten die Nationalsozialisten außerdem hunderte Jungen und Mädchen, die sie als »arisch« ansahen, in das Deutsche Reich. In Lebensbornkinderheimen zwang man sie, die deutsche Sprache zu lernen. Man gab sie als Waisenkinder aus, um sie an deutsche Pflegeeltern zu vermitteln. Viele Kinder aus den Heimen erfuhren nie von ihrer Herkunft oder konnten ihre leiblichen Eltern nie ausfindig machen.
Lebensraumpolitik
Als Lebensraumpolitik bezeichnet man das Vorhaben der Nationalsozialisten, das Deutsche Reich nach Osteuropa auszudehnen und die dort lebende Bevölkerung als Zwangsarbeiter/-innen auszubeuten, gewaltsam zu vertreiben und zu ermorden. Anschließend wollten sie die Gebiete »eindeutschen«, indem sie dort gezielt Deutsche ansiedelten. Die Nationalsozialisten behaupteten, dass die deutsche »Volksgemeinschaft« zu wenig Raum zum Leben besitzen würde. Daher wollten sie sich Siedlungsgebiete und Rohstoffe im Osten aneignen, um sich unabhängig vom Handel mit anderen Ländern versorgen zu können. Aus diesen Gründen plante Adolf Hitler, Polen zu überfallen und einen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion zu führen. Darüber hinaus trieb ein starker Antisemitismus, Antikommunismus und der Rassismus gegenüber Slaw/-innen die Nationalsozialisten zum rücksichtslosen Vorgehen an.
Leningrader Blockade
Als Leningrader Blockade wird die Belagerung der Stadt Leningrad (heute Sankt Petersburg) durch die deutsche Armee im Zweiten Weltkrieg bezeichnet. Vom 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944 schlossen die Wehrmacht und die Waffen-SS gemeinsam mit verbündeten finnischen Truppen für 872 Tage einen Ring um die Stadt. Adolf Hitler hatte befohlen, die Stadt auszuhungern, anstatt sie zu erobern, da die Straßenkämpfe viele Verluste für die Wehrmacht zur Folge gehabt hätten. Die Bevölkerung Leningrads und die dort stationierten Soldaten der Roten Armee litten unvorstellbaren Hunger. Da es im Winter bis zu minus vierzig Grad kalt wurde, war es zeitweise möglich, einige Nahrungsmittel über den zugefrorenen Ladoga-See in die Stadt zu transportieren. Trotzdem starben insgesamt etwa eine Million Einwohner/-innen Leningrads. Der Plan, die Bevölkerung systematisch auszuhungern, war das größte Kriegsverbrechen der Wehrmacht im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion.
Machtübernahme
Als Machtübernahme oder Machtübertragung bezeichnet man die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Auch der darauffolgende Ausbau der Macht der NSDAP wird häufig mit den Begriffen beschrieben. Denn die Nationalsozialisten begannen sofort damit, die parlamentarische Demokratie der Weimarer Republik in eine Diktatur umzuwandeln. Als am 27. Februar 1933 der Reichstag brannte, behaupteten sie, die Brandstiftung sei der Beginn eines kommunistischen Aufstandes. Mit der daraufhin erlassenen Reichstagsbrandverordnung setzten sie die Grundrechte außer Kraft. Die Verordnung ermöglichte ihnen die rücksichtslose Verfolgung politischer Gegner/-innen unter dem Anschein der Rechtmäßigkeit. Nachdem die KPD verboten und tausende Kommunist/-innen verhaftet worden waren, verabschiedete der Reichstag am 23. März 1933 das Ermächtigungsgesetz, mit dem die Nationalsozialisten ohne jegliche Kontrolle regieren konnten.
Massenerschießungen
Während des Zweiten Weltkrieges führten Angehörige der deutschen Wehrmacht, der Polizei, des Sicherheitsdienstes und der SS gemeinsam mit einheimischen Helfern zahlreiche Massenerschießungen von Zivilist/-innen durch. Bereits beim Überfall auf Polen erschossen mobile Einsatzgruppen, die der Front folgten, viele unbeteiligte Menschen. Die ersten systematischen Massenerschießungen führten sie ab Juli 1941 in den östlichen besetzten Gebieten durch. Sie richteten sich unter anderem gegen die jüdische Bevölkerung, Sinti und Roma, die polnische Führungsschicht und gegen Zivilist/-innen in der Sowjetunion. So erschossen beispielsweise im Herbst 1941 Wehrmachtssoldaten in Serbien innerhalb weniger Wochen Tausende männliche Roma und nahezu alle jüdischen Männer. Viele Besatzer und Einheimische schauten bei den Erschießungen zu und eigneten sich die Wertsachen der Opfer an. Die größte Massenerschießung begingen Angehörige der Einsatzgruppen und andere deutsche Verbände im September 1941. Innerhalb von 36 Stunden erschossen sie in der Schlucht von Babij Jar bei Kiew fast 34.000 jüdische Kinder, Frauen und Männer.
Menschenversuche
Nationalsozialistische Mediziner/-innen führten in den Konzentrationslagern Versuche an Tausenden Häftlingen ohne deren Einwilligung durch. Dabei nahmen sie den Tod der Menschen bewusst in Kauf oder führten ihn oftmals absichtlich herbei. Im Auftrag wissenschaftlicher Institutionen und der Wehrmacht infizierten Ärzt/-innen die Häftlinge mit Krankheitserregern wie Malaria oder Fleckfieber, um unerprobte Medikamente zu testen. Viele der Opfer starben an den Krankheiten oder an den Gegenmitteln. Bei anderen Versuchen testeten die Mediziner/-innen die Reaktionen des Körpers auf extreme Belastung, zum Beispiel wie lange er große Hitze oder Kälte aushielt. Der SS-Arzt Josef Mengele führte im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz unter anderem Versuche an Zwillingen durch. Einige von ihnen ließ er töten, um ihre Organe untersuchen zu können.
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP)
Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, kurz NSDAP, stellte von 1933 bis 1945 die Regierung des Deutschen Reiches. Die Partei wurde im Januar 1919 in München gegründet. Die politische Ausrichtung war von Anfang an antisemitisch, völkisch und antidemokratisch. Adolf Hitler trat der Partei im Herbst 1919 bei und verhalf ihr mit seiner Begabung als Redner zu immer größerer Popularität. Rasch stieg er an die Spitze der Partei und richtete sie nach dem Führerprinzip auf seine Person aus. Nach einem gescheiterten Putschversuch 1923 wurde sie zeitweise verboten. Daraufhin verkündete Hitler, von nun an auf legalem Wege über Wahlen an die Macht kommen zu wollen.
Novemberpogrom
Als Novemberpogrom werden staatlich organisierte gewalttätige Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung bezeichnet, die in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 und an den darauffolgenden Tagen im Deutschen Reich stattfanden. Mitglieder der SA und der NSDAP zerstörten jüdische Gotteshäuser, Geschäfte und Wohnungen. Etwa einhundert Juden und Jüdinnen wurden dabei getötet, bis zu 30.000 jüdische Männer vorübergehend in Konzentrationslager eingewiesen. Am 7. November 1938 hatte der 17-jährige jüdische Herschel Grynszpan aus Protest gegen die nationalsozialistische »Polenaktion« einen deutschen Diplomaten in Paris angeschossen. Sein Tod am 9. November lieferte den Nationalsozialisten einen Vorwand für reichsweiten Terror gegen die jüdische Bevölkerung. Die Gewalt wurde von der nationalsozialistischen Führung als spontane Wut der Bevölkerung dargestellt. Tatsächlich waren die Übergriffe jedoch staatlich organisiert. Da der Begriff Pogrom einen spontanen Gewaltausbruch beschreibt, ist die Bezeichnung Novemberterror eigentlich passender. Heutzutage wird an den Jahrestagen des Novemberterrors mit zahlreichen Gedenkveranstaltungen an das Ereignis erinnert.
Nürnberger Gesetze
Die Nürnberger Gesetze waren mehrere antijüdische Gesetze, die 1935 bei einem Parteitag der NSDAP in Nürnberg beschlossen wurden. Sie trugen maßgeblich zur Entrechtung und Isolation der deutschen Juden und Jüdinnen im Nationalsozialismus bei. Das Reichsbürgergesetz besagte, dass nur noch Menschen »deutschen oder artverwandten Blutes« Reichsbürger/-innen sein konnten. Jüdische Deutsche waren lediglich Staatsangehörige ohne politische Rechte. Das »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre« verbot Ehen und Geschlechtsverehr zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Menschen. Sogenannte »Mischehen« konnten für ungültig erklärt werden. Verstöße gegen das Gesetz wurden als »Rassenschande« bezeichnet und hart bestraft. Die Nürnberger Gesetze schrieben auch fest, wer laut Nationalsozialisten als jüdisch galt. Wer zum Beispiel zwei jüdische Großeltern hatte, wurde als »halbjüdisch« angesehen. Die Gesetze wurden ebenfalls auf schwarze Menschen, Sinti und Roma angewendet.
Nürnberger Prozesse
Als Nürnberger Prozesse werden insgesamt 13 Gerichtsverfahren gegen nationalsozialistische Kriegsverbrecher/-innen bezeichnet, die zwischen 1945 und 1949 in Nürnberg stattfanden. Sie wurden vom eigens geschaffenen Internationalen Militärgerichtshof der Siegermächte durchgeführt. Das erste Verfahren gegen 24 führende Nationalsozialisten, der sogenannte Hauptkriegsverbrecherprozess, wurde von November 1945 bis Oktober 1946 verhandelt. Die Anklage lautete unter anderem »Verbrechen gegen den Frieden« und »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«. Zwölf Beschuldigte wurden zum Tode verurteilt, vier wurden freigesprochen und andere erhielten Freiheitsstrafen. In den zwölf Nachfolgeprozessen wurden 185 Juristen, Ärzt/-innen, Beamt/-innen, Industrielle und Wehrmachtsangehörige angeklagt. Die große Mehrheit der nationalsozialistischen Täter/-innen konnte allerdings unbehelligt weiterleben und -arbeiten.
Paragraph 175
Paragraph 175 des Reichsstrafgesetzbuches verbot sexuelle Handlungen zwischen Männern. Das Verbot bestand schon seit dem Kaiserreich, wurde aber 1935 von den Nationalsozialisten verschärft. Nun konnte bereits ein Kuss oder ein »wollüstiger« (begehrlicher) Blick bestraft werden. Es gab über 50.000 Verurteilungen. Viele homosexuelle Männer wurden in Gefängnissen und Konzentrationslagern inhaftiert, zwangssterilisiert und ermordet. In den Lagern mussten sie zur Kennzeichnung ein rosa Stoffdreieck, genannt Winkel, auf ihrer Kleidung tragen. Ein großer Teil der mehreren tausend Männer, die wegen Homosexualität in einem Konzentrationslager waren, überlebte die Haft nicht. Paragraph 175 galt nicht für lesbische Frauen, aber auch sie konnten ihre Sexualität nicht frei ausleben. Nach 1945 bestand der Paragraph in teils abgeschwächter Form weiter und wurde erst 1994 vollständig gestrichen. 2002 wurden die Verurteilungen nach dem Paragraphen 175 zwischen 1933 und 1945 zurückgenommen.
Partisan/-innen
Als Partisan/-innen bezeichnet man bewaffnete Kämpfer/-innen, die keiner Armee angehören. Im Zweiten Weltkrieg bildeten sich unter anderem in Italien, Frankreich, Griechenland, Jugoslawien und der Sowjetunion Partisanengruppen, die gegen die deutsche Besatzung kämpften. Aus dem Hinterhalt überfielen sie deutsche Truppenverbände und deren Helfer/-innen. Sie begingen auch Sabotage, indem sie Bahnschienen sprengten und deutsche Versorgungszüge entgleisen ließen. Oftmals half ihnen die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Verstecken – freiwillig oder erzwungen. Es gab auch jüdische Verbände, wie die Bielski-Partisan/-innen in Belarus. Neben dem bewaffneten Kampf versuchten diese, möglichst viele Juden und Jüdinnen zu retten.
Pogrom
Das Wort Pogrom stammt aus dem Russischen und bedeutet »Verwüstung« oder »Zerstörung«. Es beschreibt spontane Gewaltausbrüche gegenüber einer bestimmten Gruppe, meist einer Minderheit. Der Begriff wurde im 19. Jahrhundert geprägt, als es in Russland viele solcher Gewaltakte gegen die jüdische Bevölkerung gab. Heute wird häufig der Begriff Novemberpogrom für gewalttätige Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung im Deutschen Reich verwendet, die am 9. November 1938 und den folgenden Tagen stattfanden. Die nationalsozialistische Führung stellte die Gewalt als spontane Wut der Bevölkerung dar. Tatsächlich war sie jedoch staatlich organisiert. Da es sich in diesem Fall nicht um einen spontanen Gewaltausbruch handelte, ist der Begriff Novemberterror eigentlich passender.
»Polen-Aktion«
Als »Polen-Aktion« bezeichneten die Nationalsozialisten die Zwangsausweisung von etwa 17.000 Juden und Jüdinnen mit polnischer Staatsbürgerschaft aus dem Deutschen Reich im Oktober 1938. Diese hatten zum Teil schon seit Jahrzehnten im Deutschen Reich gelebt oder waren sogar dort geboren. In bewachten Sonderzügen brachten Mitarbeiter von Polizei, SS und Gestapo die Verhafteten an die Grenze. Die polnischen Grenzbeamten verweigerten jedoch die Einreise, sodass tausende Menschen im Niemandsland zwischen beiden Ländern festsaßen. Allein in der Grenzstadt Zbąszyń (deutsch: Bentschen) mussten 8.000 Ausgewiesene teilweise monatelang in Notunterkünften ausharren. Einige durften schließlich doch nach Polen oder in andere Länder einreisen. Andere konnten vorübergehend in ihre deutschen Wohnorte zurückkehren, um von dort ihre Auswanderung zu organisieren. Die »Polen-Aktion« war die erste Massendeportation von Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten und leitete eine neue Phase der Verfolgung ein.
Polenstrafrechtsverordnung
Die am 4. Dezember 1941 von den Nationalsozialisten erlassene Polenstrafrechtsverordnung schrieb stark verschärfte Strafen gegenüber Pol/-innen fest, die sich im Deutschen Reich aufhielten. Sie betraf Pol/-innen in den Gebieten, die nach dem Überfall auf Polen in das Deutsche Reich eingegliedert worden waren. Auch für Zwangsarbeiter/-innen und andere polnische Arbeiter/-innen im gesamten Reichsgebiet galt die Verordnung. Sie sah bei zahlreichen Vergehen die Todesstrafe vor. Dazu zählten unter anderem deutschfeindliche Äußerungen, das Nichtbeachten deutscher Vorschriften, sexuelle Beziehungen mit deutschen Frauen und jegliche noch so kleine Gewalttat gegen Deutsche. Gleichzeitig hatten die angeklagten Pol/-innen kaum Möglichkeiten, sich zu verteidigen und die Urteile konnten sofort vollstreckt werden. Nachdem die Verordnung erlassen worden war, stieg die Zahl der Todesurteile stark an. Das US-amerikanische Militärgericht wertete die Polenstrafrechtsverordnung beim Nürnberger Juristenprozess 1947 als Kriegsverbrechen. Die Urteile hob der Bundestag erst 1998 auf.
Propaganda
Für die NSDAP war Propaganda ein zentrales Mittel, um das Denken, Fühlen und Handeln der Bevölkerung gezielt zu beeinflussen und zu manipulieren. So schufen sie bereits im März 1933 das Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda unter der Leitung von Dr. Joseph Goebbels. Zur Verbreitung ihrer Botschaften nutzten die Nationalsozialisten alle damals zur Verfügung stehenden Medien: Rundfunk, Film und Presse wurden gleichgeschaltet und veröffentlichten nur noch Botschaften im Sinne der Regierung. So wurde beispielsweise Adolf Hitler als übermenschlicher Held dargestellt. Statt konkrete Argumente zu nennen, sprach die Propaganda mit einprägsamen Parolen Gefühle an und schürte Ängste. In einem einfachen Freund-Feind-Schema stellten die Nationalsozialisten jüdische Menschen und die Sowjetunion als Todfeinde der deutschen »Volksgemeinschaft« gegenüber. Damit wollten sie die Bevölkerung unter anderem von der vermeintlichen Notwendigkeit eines Krieges überzeugen.
Rassenhygienische Forschungsstelle
Die Rassenhygienische Forschungsstelle (RHF) erstellte im Nationalsozialismus sogenannte »Rassegutachten« von etwa 24.000 Personen, die von den Nationalsozialisten als »Zigeuner« bezeichnet wurden. Im Deutschen Reich und ab 1938 auch im eingegliederten Österreich verzeichneten die Mitarbeitenden der RHF körperliche Merkmale und Familienstammbäume von Sinti und Sintize wie auch anderen Gruppen. In den Gutachten stuften sie die Menschen nach unwissenschaftlichen und rassistischen Kriterien als »Zigeuner« oder »Zigeunermischlinge« ein. Diese Erfassung bildete die Grundlage für deren spätere Deportation in Konzentrations- und Vernichtungslager. Nach 1945 wurden Teile der Akten der RHF von der Münchener Polizei weiterverwendet. Dr. Robert Ritter, der Leiter der RHF, und seine Stellvertreterin Dr. Eva Justin wurden nie für ihre Vorarbeit zur Ermordung der Sinti und Roma verurteilt.
»Rassenlehre«
Mit der »Rassenlehre« wollten die Nationalsozialisten ihrem Rassismus, ihrem Antisemitismus und ihrer Vernichtungspolitik gegenüber Minderheiten eine vermeintlich wissenschaftliche Rechtfertigung verleihen. Nationalsozialistische Forscher/-innen, zum Beispiel an der Rassenhygienischen Forschungsstelle, suchten nach wissenschaftlichen Beweisen für die Existenz menschlicher »Rassen« und deren Ungleichwertigkeit. Die »arische Rasse«, zu der sich die Deutschen selbst zählten, war in ihren Augen die wertvollste und damit die »Herrenrasse«. Andere sahen sie als »minderwertig« an. Auch das Judentum fassten die Nationalsozialisten als »Rasse« auf und sahen es als den Todfeind der »arischen Rasse« an. Die Nationalsozialisten waren außerdem der Ansicht, sie müssten ihre eigene »Rasse« von »minderwertigem Erbgut« »reinhalten«. Daher verboten sie zum Beispiel mit den Nürnberger Gesetzen, dass »Arier/-innen« mit Juden und Jüdinnen, Sinti und Roma und nicht-weißen Menschen Kinder bekamen. Um bereits Jugendlichen ihre Weltsicht zu vermitteln, führten sie »Rassenlehre« als eigenes Schulfach ein. Allerdings existierten auch damals bereits wissenschaftliche Widerlegungen dieser Theorien.
Rassismus
Die rassistische Weltsicht der Nationalsozialisten besagte, dass es verschiedene »Menschenrassen« gebe, von denen einige höherwertig und andere minderwertig seien. Die Nationalsozialisten haben den Rassismus allerdings nicht »erfunden«. Es gab ihn schon lange vorher, zum Beispiel war er zentral für den Kolonialismus. Auch heute ist Rassismus in verschiedenen Formen noch weit verbreitet. Menschen, die von Rassismus betroffen sind, werden benachteiligt, ausgegrenzt und diskriminiert. In den Augen der Nationalsozialisten war die »arische Rasse«, zu der sie sich selbst zählten, die wertvollste und damit die »Herrenrasse«. Sie sei biologisch überlegen und habe deshalb das Recht, andere zu unterwerfen, auszubeuten, zu vertreiben und zu ermorden. Auch das Judentum fassten die Nationalsozialisten als »Rasse« auf, und sahen es als den Todfeind der »arischen Rasse« an. Mit der »Rassenlehre« verliehen die Nationalsozialisten ihrem Weltmachtstreben und ihrer Vernichtungspolitik gegenüber Minderheiten eine vermeintlich wissenschaftliche Rechtfertigung.
Reichsarbeitsdienst
Der nationalsozialistische Reichsarbeitsdienst (RAD) verpflichtete die Jugendlichen im Deutschen Reich für eine bestimmte Zeit, gemeinnützige Arbeiten zu verrichten. Die Nationalsozialisten führten den sechsmonatigen Pflichtdienst 1935 für junge Männer zwischen 18 und 25 Jahren ein, um die Arbeitslosigkeit zu verringern. Der RAD wurde als »Ehrendienst am Volk« dargestellt; der Lohn lag nur knapp über dem Arbeitslosengeld. Der RAD diente außerdem der nationalsozialistischen Erziehung. Die Jugendlichen wurden gemeinsam untergebracht, trugen die gleichen Uniformen und sollten sich über gesellschaftliche Unterschiede hinweg als »Volksgemeinschaft« verstehen. Die jungen Männer arbeiteten unter anderem im Straßenbau. Ab dem Beginn des Krieges 1939 verkürzte man ihre Dienstzeit jedoch immer weiter, da sie als Soldaten an der Front kämpfen sollten. Mit Kriegsbeginn wurde der Dienst auch für junge Frauen verpflichtend und immer weiter verlängert, da Arbeitskräfte benötigt wurden. Sie halfen Familien im Haushalt, arbeiteten in der Landwirtschaft oder wurden, wie die männlichen Jugendlichen auch, an Flugabwehrgeschützen eingesetzt.
Reichsgau Wartheland
Als Reichsgau Wartheland bezeichneten die Nationalsozialisten eine Region in Westpolen, nachdem sie sie 1939 besetzt und zwangsweise in das Deutsche Reich eingegliedert hatten. An seiner Spitze stand ein Gauleiter der NSDAP mit großen Machtbefugnissen. Die deutsche Herrschaft im Reichsgau Wartheland bedeutete die Entrechtung und Ausbeutung der Bevölkerung. Die Nationalsozialisten vertrieben und ermordeten die ansässigen Pol/-innen weitgehend und siedelten statt ihnen »Volksdeutsche« an. Auf diese Weise sollte das Gebiet germanisiert, also »eingedeutscht« werden, um neuen Lebensraum für die deutsche »Volksgemeinschaft« zu erschließen. Die polnische Führungsschicht ermordeten die Besatzer systematisch. Juden und Jüdinnen wurden vertrieben, gezwungen in Ghettos zu leben, in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert und ermordet.
Reichsprotektorat Böhmen und Mähren
Als Reichsprotektorat Böhmen und Mähren bezeichneten die Nationalsozialisten einen Satellitenstaat des Deutschen Reiches, den sie im März 1939 zwangsweise aus Gebieten der vormaligen Tschechoslowakei schufen. Im Herbst 1938 war es Adolf Hitler durch Kriegsdrohungen gelungen, deutsch bewohnte Gebiete der Tschechoslowakei, das sogenannte Sudetenland, in das Deutsche Reich einzugliedern. Nach der slowakischen Unabhängigkeitserklärung am 14. März 1939 willigte die Regierung der »Rest-Tschechei« unter deutschem Druck in die Schaffung des deutschen »Schutzgebietes« Böhmen und Mähren ein. Am Tag darauf marschierte die Wehrmacht ein. Die tschechische Regierung blieb zwar offiziell im Amt, der eingesetzte deutsche »Reichsprotektor« besaß allerdings unbegrenzte Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten. Die Nationalsozialisten gingen brutal gegen einheimische Widerstandskämpfer/-innen und Akademiker/-innen vor. Fast alle der 82.000 tschechischen Juden und Jüdinnen wurden in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Nur etwa 11.200 von ihnen überlebten.
Schoah
Schoah ist eine Bezeichnung für die systematische Ermordung von 5,6 bis 6 Millionen europäischen Juden und Jüdinnen durch die Nationalsozialisten und ihre Verbündeten. Das hebräische Wort, das vor allem in der jüdischen Welt gebräuchlich ist, bedeutet »Katastrophe«. Ein anderer Begriff, den viele Menschen verwenden, ist Holocaust.
»Schutzhaft«
Die »Schutzhaft« war ein zentrales Mittel der Nationalsozialisten, um unerwünschte Personen einzusperren. Mit diesem beschönigenden Begriff wollten sie ausdrücken, dass die Gesellschaft vor den Inhaftierten »geschützt« werden müsse. Tatsächlich bedeutete die »Schutzhaft«, die meist von der Gestapo verhängt wurde, eine zeitlich unbegrenzte Gefangenschaft, meistens in einem Konzentrationslager. Die Verhafteten konnten keinen Widerspruch gegen ihre Inhaftierung einlegen und eine Kontrolle durch Gerichte existierte nicht. Zunächst nahmen die Nationalsozialisten vor allem politische Gegner/-innen wie Gewerkschafter/-innen, Kommunist/-innen und Sozialdemokrat/-innen in »Schutzhaft«. Später wandten sie diese auch als Mittel zur Verfolgung der jüdischen Bevölkerung, von Sinti und Sintize oder von Menschen, die sie als »asozial« bezeichneten, an. So wurden zum Beispiel im Zuge der Novemberpogrome etwa 30.000 Juden in »Schutzhaft« genommen.
Schutzstaffel (SS)
Die Schutzstaffel, kurz SS, war eine militärähnliche Organisation der Nationalsozialisten, die maßgeblich am Holocaust beteiligt war. Sie wurde 1925 als Leibwache Adolf Hitlers gegründet. Heinrich Himmler baute die SS zu einer mächtigen Eliteorganisation innerhalb der NSDAP aus. Um eintreten zu können, musste man bestimmte Bedingungen erfüllen: SS-Männer mussten einen »arischen« Stammbaum und eine gefestigte nationalsozialistische Einstellung nachweisen. Außerdem sollten sie groß und sportlich sein. Ab 1934 verwaltete und bewachte die SS die Konzentrationslager. Sie beutete die Häftlinge als Zwangsarbeiter/-innen aus. Ab 1941 betrieb sie auch die Vernichtungslager. Zudem führten Mitglieder der SS und ihrer Unterorganisationen, dem Sicherheitsdienst und der Waffen-SS, zahlreiche Massenerschießungen durch. In den Nürnberger Prozessen nach Kriegsende wurde die SS als verbrecherische Organisation eingestuft.
Selektion
Eine Selektion bedeutete in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern die »Aussortierung« der Häftlinge, die nicht mehr arbeiten konnten. Die SS-Wachmannschaften führten Selektionen bei der Ankunft neuer Häftlinge und regelmäßig in den Lagern durch. Alte, schwache und kranke Menschen, Kinder und viele Frauen wurden als »nicht Arbeitsfähige« »aussortiert« und ermordet. Junge und kräftige Menschen beutete die SS als Zwangsarbeiter/-innen aus. Aufgrund der harten Arbeit und der bewusst katastrophalen Versorgung konnten auch die zur Zwangsarbeit Ausgewählten nicht lange überleben.
Sicherheitsdienst (SD)
Der Sicherheitsdienst, kurz SD, war eine Unterorganisation innerhalb der SS, die als parteieigener Geheimdienst der NSDAP tätig war. Die Nationalsozialisten gründeten den SD 1931, um Informationen über Widersacher/-innen in der eigenen Partei und Gegner/-innen des Nationalsozialismus zu sammeln. Er war ebenfalls an der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung beteiligt. Während des Zweiten Weltkrieges baute der Sicherheitsdienst einen eigenen Auslandsgeheimdienst auf und stellte Männer für die Mordkommandos der Einsatzgruppen ab. 1944 hatte der SD etwa 6.400 Mitarbeiter/-innen. Zusätzlich konnte er auf ein Netz von rund 30.000 Spitzeln zurückgreifen, die Informationen über unerwünschtes Verhalten und die Stimmung in der Bevölkerung lieferten. In den Nürnberger Prozessen nach Kriegsende wurde der SD als verbrecherische Organisation eingestuft.
Sondergericht
Die Nationalsozialisten führten im März 1933, kurz nach ihrer Machtübernahme, Sondergerichte zur schnellen Verurteilung, insbesondere von politischen Vergehen, ein. Zu diesen »Straftaten« zählte die Kritik an Adolf Hitler, der Regierung und der NSDAP. Auch das politische Engagement gegen den Nationalsozialismus, besonders kommunistische Aktivitäten, wurden von Sondergerichten verurteilt. So schränkten die Nationalsozialisten das Recht auf die freie Meinungsäußerung, das Demonstrationsrecht und die Pressefreiheit ein. Wer gegen die Einschränkungen verstieß, musste mit schweren Strafen rechnen. Die Prozesse an den Sondergerichten entsprachen nicht denen in einem Rechtsstaat. So wurden Angeklagte ohne Beweisaufnahme verurteilt. Zudem hatten sie keine Möglichkeit, sich im Prozess selbst zu äußern oder die Urteile überprüfen zu lassen. Die Sondergerichte verhängten etwa 11.000 Todesurteile und wiesen viele weitere Menschen in Zuchthäuser und Konzentrationslager ein.
Sonderkommando
Sonderkommandos waren Arbeitskommandos jüdischer Häftlinge in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern, die von der SS gezwungen wurden, Hilfsdienste im Rahmen der systematischen Ermordung anderer Deportierter zu leisten. Die Mitglieder der Sonderkommandos mussten die Ermordeten nach Wertsachen durchsuchen, nachdem diese in den Gaskammern erstickt worden waren. Anschließend mussten sie die Leichen verbrennen. Als direkte Zeugen des Massenmords wurden die Häftlinge des Sonderkommandos regelmäßig von der SS ausgetauscht und ermordet. Das Sonderkommando im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau versuchte, die Verbrechen zu dokumentieren. Unter größter Gefahr fertigten sie vier Fotografien des Mordprozesses an. Am 7. Oktober 1944 unternahmen sie einen Aufstand, bei dem sie ein Krematorium und eine Gaskammer sprengten. Die SS schlug die Revolte gewaltsam nieder und erschoss alle Beteiligten. Vermutlich rettete der Aufstand trotzdem viele Menschen, da es durch ihn zu Verzögerungen bei den Tötungen kam.
Sturmabteilung (SA)
Die Sturmabteilung, kurz SA, war eine politische Kampforganisation der NSDAP. Der 1920 gegründete, militärähnliche Verband trat als Ordnungstruppe bei Parteiveranstaltungen auf. Außerdem hielten die SA-Männer Aufmärsche ab und übten Gewalt und Terror gegen Kommunist/-innen, Sozialdemokrat/-innen, Juden und Jüdinnen aus. Zu erkennen waren sie an ihren braunen Uniformen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten setzten diese die SA als eine Art Hilfspolizei zur Verfolgung politischer Gegner/-innen ein. Zu diesem Zweck errichtete und verwaltete die SA 1933 die ersten Konzentrationslager. 1934 war die SA zu einer Massenorganisation mit rund vier Millionen Mitgliedern angewachsen. Machtkämpfe und politische Meinungsverschiedenheiten mit führenden Mitgliedern der NSDAP verschärften sich. Daher ließ Adolf Hitler am 30. Juni 1934 Ernst Röhm, den Stabschef der SA, sowie etwa 200 weitere SA-Mitglieder und Konkurrenten ermorden. Damit war die SA entmachtet. Die SS übernahm die Verwaltung der Konzentrationslager.
Swing-Jugend
Als Swing-Jugend werden Jugendliche bezeichnet, die im Nationalsozialismus die unerwünschte Swing-Musik hörten. Die Nationalsozialisten sahen die Musikrichtung als »undeutsch« und »entartet« an, da sie von Afroamerikaner/-innen geprägt wurde. Swing-Jugendliche veranstalteten Tanzpartys und trugen zwanglose Kleidung im US-amerikanischen Stil. Mädchen rauchten und schminkten sich. Jungen trugen die Haare schulterlang. Mit ihrem auffälligen Äußeren und dem unangepassten Verhalten verstießen sie gegen nationalsozialistische Ideale. Damit waren sie Teil der Jugendopposition. Die Gestapo kontrollierte während des Zweiten Weltkrieges Treffpunkte und führte Razzien bei Partys durch. Tanzen wurde allgemein verboten. Insgesamt wurden etwa 300 Jugendliche verhaftet. Einige wurden in Konzentrationslager eingewiesen. Als Reaktion auf die Verfolgung bildete sich bei den ursprünglich eher unpolitischen Swing-Jugendlichen auch politischer Widerstand heraus.
Todesmarsch
Als Todesmärsche werden lange Märsche bezeichnet, zu denen die SS die Häftlinge bei der Räumung der Konzentrationslager zwang. Als es der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg gelang, die deutsche Wehrmacht zurückzudrängen, näherte sie sich ab Ende 1944 den Konzentrationslagern im Osten des Reiches. Die SS räumte daraufhin ab Anfang 1945 die Lager und trieb die Häftlinge auf lange Märsche in das Reichsinnere. Dort sollten sie in größerer Entfernung von der Front weiter inhaftiert werden. Die geschwächten Menschen mussten bei eisigen Temperaturen, ohne warme Kleidung und festes Schuhwerk, tagelang laufen. Zum Teil wurden sie auch unter katastrophalen Bedingungen in offenen Viehwaggons transportiert. Die Zahl derer, die auf den Todesmärschen und während der Zugtransporte starben oder erschossen wurden, wird auf 250.000 geschätzt.
Überfall auf Polen
Am 1. September 1939 überfiel das Deutsche Reich Polen und begann damit den Zweiten Weltkrieg. Zur Rechtfertigung stellte die nationalsozialistische Propaganda den Angriff als notwendige Verteidigung dar. Die deutsche und die sowjetische Regierung hatten zuvor in einem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Paktes vereinbart, Polen unter sich aufzuteilen. Daher marschierte die Rote Armee am 17. September im Ostteil des Landes ein. Die polnischen Truppen waren innerhalb weniger Wochen besiegt. Die Nationalsozialisten gliederten die westlichen Landesteile in das Deutsche Reich ein. Die besetzten Gebiete in der Mitte Polens stellten sie als Generalgouvernement unter deutsche Verwaltung. Das östliche Polen wurde Teil der Sowjetunion. Die deutschen Besatzer ermordeten die polnische Führungsschicht und die jüdische Bevölkerung systematisch. Zahlreiche weitere Pol/-innen wurden verschleppt und mussten Zwangsarbeit leisten. Während der Besatzungsherrschaft bildeten die besetzten polnischen Gebiete einen zentralen Schauplatz des Holocaust.
Überfall auf die Sowjetunion
Am 22. Juni 1941 überfielen deutsche Truppen die Sowjetunion. Die sowjetische Führung war vollkommen überrascht, da die beiden Staaten noch 1939 im Hitler-Stalin-Pakt versichert hatten, sich gegenseitig nicht anzugreifen. Da die Rote Armee unvorbereitet und in schlechtem Zustand war, gelang es der Wehrmacht in kurzer Zeit, weite Gebiete bis kurz vor Moskau zu erobern. Den Krieg gegen die Sowjetunion führte das Deutsche Reich als Vernichtungskrieg. Die Besatzer vertrieben und ermordeten die dortige Bevölkerung, um sich neue Lebensräume zu erschließen. Ein starker Antisemitismus, Antikommunismus und der Rassismus gegenüber Slaw/-innen trieb sie zusätzlich an. Ab Anfang 1943 gelang es der Roten Armee jedoch, die Wehrmacht Stück für Stück zurückzuschlagen. Bis zur deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 fielen 27 Millionen Bürger/-innen der Sowjetunion – darunter 14 Millionen Zivilist/-innen – der Besatzungspolitik zum Opfer.
Vernichtungskrieg
Mit dem Überfall auf die Sowjetunion 1941 begann das Deutsche Reich einen Vernichtungskrieg. Das Ziel der Nationalsozialisten war nicht nur der Sieg über den Staat und seine Bevölkerung, sondern deren vollständige Zerstörung. Daher gingen sie äußerst brutal gegen die Soldaten der Roten Armee und die Bevölkerung vor. Um sich neue Lebensräume und Rohstoffe in Osteuropa zu erschließen, vertrieben und ermordeten die Besatzer die dort lebenden Menschen oder beuteten sie als Zwangsarbeiter/-innen aus. Ein starker Antisemitismus, Antikommunismus und der Rassismus gegenüber Slaw/-innen trieb sie zusätzlich an. Soldaten der Wehrmacht und mobile Einsatzgruppen führten Massenerschießungen durch und begingen unzählige weitere Kriegsverbrechen. Insgesamt starben durch den deutschen Vernichtungskrieg 27 Millionen sowjetischer Bürger/-innen, darunter 14 Millionen Zivilist/-innen.
Vernichtungslager
Vernichtungslager waren Lager, deren alleinige Funktion die systematische Ermordung der europäischen Juden und Jüdinnen, der Sinti und Roma und anderer von den Nationalsozialisten unerwünschter Bevölkerungsgruppen war. Ab Ende 1941 errichtete die SS Vernichtungslager im besetzten Polen. Dort wurden die Menschen in Gaskammern mit Motorabgasen oder dem Giftgas Zyklon B erstickt. In den Vernichtungslagern Belzec, Sobibor und Treblinka geschah dies gleich nach der Ankunft mit allen Häftlingen. Ab 1942 wurde der riesige Lagerkomplex Auschwitz zum Zielort von Transporten mit Juden und Jüdinnen aus vielen deutsch besetzten Gebieten Europas. Da Auschwitz ein Konzentrations- und ein Vernichtungslager zugleich war, fanden bei der Ankunft der Häftlinge auch Selektionen statt. Die arbeitsfähigen Häftlinge wurden nicht sofort ermordet, sondern zunächst zur Zwangsarbeit eingeteilt. Auch das Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek erfüllte eine solche Doppelfunktion. Von den etwa 5,6 bis 6 Millionen im Holocaust ermordeten Juden und Jüdinnen starben etwa 2,7 Millionen in den Vernichtungslagern.
»Volksgemeinschaft«
»Volksgemeinschaft« war ein zentraler Begriff in der nationalsozialistischen Weltsicht, der eine vermeintliche besondere Zusammengehörigkeit des deutschen »Volkes« ausdrücken sollte. Gleichzeitig wurden alle, die nicht Teil dieser vorgestellten Gemeinschaft waren, abgewertet und verfolgt. Die Mitglieder der »Volksgemeinschaft« mussten eine »arische« Abstammung haben und vom Nationalsozialismus überzeugt sein. Sie sollten sich als gleichwertige Teile einer großen »Schicksalsgemeinschaft« begreifen, in der man füreinander da war, für die man aber auch Opfer bringen sollte. Die Nationalsozialisten wollten auf diese Weise ein Gemeinschaftsgefühl über gesellschaftliche Unterschiede hinweg erzeugen, das wiederum ihre Herrschaft festigte. Denn an der Spitze der »Volksgemeinschaft« stand Adolf Hitler. Wer nicht als »arisch« galt, wie zum Beispiel Juden und Jüdinnen, Sinti und Roma, Slaw/-innen oder Menschen mit Beeinträchtigungen, war ebenso aus der »Volksgemeinschaft« ausgeschlossen, wie politisch oder gesellschaftlich Unangepasste. Sie wurden als »Volksfeinde« angesehen, rücksichtslos verfolgt und ermordet.
Volksgerichtshof
Der Volksgerichtshof war im Nationalsozialismus zuständig für das Aburteilen von Landes- und Hochverrat sowie »Wehrkraftzersetzung«. Er wurde 1934 von Adolf Hitler als Terrorinstrument geschaffen, um jede Form des Widerstandes zu verfolgen und damit die Herrschaft der Nationalsozialisten zu sichern. Zu Richtern wurden nur überzeugte Nationalsozialisten berufen. Sie fällten mehr als 5.200 Todesurteile. Gegen die Urteile waren keine Rechtsmittel zulässig. Das bedeutet, sie konnten nicht überprüft oder geändert werden. Die Todesurteile wurden oft nur wenige Stunden nach der Urteilsverkündung vollstreckt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lösten die Alliierten den Volksgerichtshof auf. Die verantwortlichen Richter konnten in der Bundesrepublik Deutschland jahrzehntelang unbehelligt weiterarbeiten und -leben. Nur einer von ihnen wurde je angeklagt. Erst 1985 erklärte der Bundestag offiziell, dass der Volksgerichtshof kein rechtsstaatliches Gericht, sondern ein Terrorinstrument war und die Urteile ungültig seien.
Waffen-SS
Die Waffen-SS war ein militärischer Kampfverband innerhalb der SS, der im Zweiten Weltkrieg maßgeblich an Kriegsverbrechen und Massakern beteiligt war. Heinrich Himmler, der Reichsführer SS, führte den Namen Waffen-SS 1939 für verschiedene bewaffnete SS-Verbände ein. Sie bewachten die Konzentrationslager und kämpften im Zweiten Weltkrieg an der Front. Außerdem bekämpften sie Partisan/-innen und jede Form von Widerstand in den besetzten Gebieten. Besonders im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, aber auch in West- und Südeuropa beging die Waffen-SS zahlreiche Massaker gegen die Bevölkerung. Als Teil der Einsatzgruppen waren sie maßgeblich an Massenerschießungen von Roma, Romnja und der jüdischen Bevölkerung beteiligt. Im Verlauf des Krieges traten auch Freiwillige aus den besetzten Ländern, die die »Rassekriterien« der SS erfüllten, in die Waffen-SS ein. So erreichte der Verband 1944 einen Höchststand von 900.000 Angehörigen. Sie kämpften noch in den letzten Kriegstagen fanatisch gegen die Alliierten. In den Nürnberger Prozessen wurde die Waffen-SS als verbrecherische Organisation eingestuft.
Wannsee-Konferenz
Auf der Wannsee-Konferenz besprachen führende Nationalsozialisten am 20. Januar 1942 die organisatorische Umsetzung des Völkermords an den europäischen Juden und Jüdinnen. Die »Endlösung der Judenfrage« war bereits im Laufe des Jahres 1941 beschlossen worden. Bei der 90-minütigen Besprechung in einer SS-eigenen Villa am Berliner Wannsee stimmten die Teilnehmer das weitere Vorgehen und die Zusammenarbeit der beteiligten Dienststellen ab. Anwesend waren 15 hohe Beamte verschiedener Ministerien sowie Funktionäre der NSDAP und der SS. Eingeladen hatte Reinhard Heydrich, der als Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes federführend an der Umsetzung des Holocaust beteiligt war.
»Wehrkraftzersetzung«
Die Nationalsozialisten schufen 1938, in Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg, den Straftatbestand der »Wehrkraftzersetzung«, also der Schwächung der deutschen Armee im Krieg. Soldaten wurden wegen »Wehrkraftzersetzung« zum Tode verurteilt, wenn sie nicht gehorchten, desertierten, also sich unerlaubt von ihrer Truppe entfernten, oder wenn sie sich selbst verletzten, um nicht an die Front zu müssen. Zivilist/-innen wurden angeklagt, wenn sie Deserteuren halfen oder sich kritisch über den Krieg äußerten. Je länger der Krieg andauerte, desto mehr Todesurteile verhängten die zuständigen Militär- und Sondergerichte sowie der Volksgerichtshof. Die Urteile standen in den Prozessen meist von Beginn an fest. Noch bis zum Kriegsende am 8. Mai 1945 und vereinzelt sogar noch danach richteten die Nationalsozialisten Menschen wegen »Wehrkraftzersetzung« hin.
Wehrmacht
Als Wehrmacht wurde die deutsche Armee im Nationalsozialismus bezeichnet. Sie bestand aus der Luftwaffe, der Kriegsmarine und den Bodentruppen. Die nationalsozialistische Führung begann sofort nach der Machtübernahme 1933 damit, das Heer zu vergrößern und große Mengen an Waffen und anderem Kriegsgerät produzieren zu lassen, obwohl dies nach dem Ersten Weltkrieg im Versailler Vertrag verboten worden war. Als die Wehrmacht 1939 Polen überfiel, verfügte sie über 4,5 Millionen Soldaten. Vereidigt wurden diese nicht auf die Verfassung, sondern auf Adolf Hitler persönlich. Während des Zweiten Weltkrieges war die Wehrmacht an Massenerschießungen von Zivilist/-innen, dem Holocaust und zahlreichen weiteren Kriegsverbrechen beteiligt.
Wehrmachtjustiz
Als Wehrmachtjustiz bezeichnet man die Gerichte innerhalb des deutschen Militärs während der Zeit des Nationalsozialismus. Die Militärrichter waren vor allem dafür zuständig, Soldaten zu verurteilen, die nicht gehorchten oder desertierten, also sich unerlaubt von ihrer Truppe entfernten. Jede geringfügige Abweichung wurde als »Wehrkraftzersetzung« verfolgt. Ab 1941/42 bestraften sie die Soldaten immer härter, um andere abzuschrecken. Trotz der immer aussichtsloseren Kriegslage sollten sie weiter kämpften. Die Verfahren wurden möglichst schnell durchgeführt und entsprachen nicht denen eines Rechtsstaates. So standen die Urteile meist von Beginn an fest und Todesstrafen wurden oftmals sofort nach der Urteilsverkündung vollstreckt. Je länger der Krieg andauerte, desto mehr Todesurteile verhängten die zuständigen Militär- und Sondergerichte sowie der Volksgerichtshof. Andere Strafen konnten die Haft in Gefängnissen, Straflagern und Zuchthäusern oder die Zuteilung zu Strafeinheiten der Wehrmacht sein. Dort sollten sich die Soldaten bei besonders gefährlichen Fronteinsätzen »bewähren«.
Weiße Rose
Die Weiße Rose war eine studentische Widerstandsgruppe um die Geschwister Sophie und Hans Scholl im München. In den Jahren 1942 und 1943 druckten sie Flugblätter gegen den Krieg und den Nationalsozialismus. Sie brachten die Zettel in mehreren süddeutschen Städten in Umlauf. Nachts schrieben sie Parolen gegen Hitler an Hauswände. Ihr Handeln begründeten sie mit ihren christlichen Wertvorstellungen. Im Februar 1943 beobachtete ein Hausmeister die Geschwister, wie sie Flugblätter in der Münchener Universität verteilten. Die Gestapo verhaftete sie. Vier Tage später, am 22. Februar 1943, wurden sie mit einem weiteren Mitglied der Gruppe zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Widerstand
Gegen den Nationalsozialismus gab es vielfältige Formen von wiederständigem Verhalten. Es reichte vom bewaffneten Kampf über die Hilfe für Verfolgte und das Verteilen von Flugblättern bis hin zur Verweigerungshaltung innerhalb der Jugendopposition. Alle Formen des Widerstands waren gefährlich und konnten das Leben kosten. Denn Widerständler/-innen sahen sich der großen Mehrheit der politisch angepassten Deutschen gegenüber, die unerwünschtes Verhalten denunzierten. Die Beweggründe, trotzdem Widerstand zu leisten, waren vielfältig: Kommunist/-innen und Sozialdemokrat/-innen lehnten den Nationalsozialismus aus politischen Gründen ab. Zeugen Jehovas sowie eine kleine Zahl von Protestant/-innen und Katholik/-innen leisteten aus religiösen Gründen Widerstand. Jüdische Menschen schlossen sich in Widerstandsgruppen zusammen. Manche halfen Verfolgten aus Menschlichkeit. In den besetzten Gebieten bildeten sich Partisanengruppen, die mit Waffen gegen die Nationalsozialisten kämpften. Dagegen gingen die Besatzer mit besonderer Brutalität vor.
Zwangsarbeit
Die Nationalsozialisten verpflichteten allein während des Zweiten Weltkrieges über zwanzig Millionen Männer, Frauen und Kinder zur Zwangsarbeit. Durch den Kriegseinsatz der meisten deutschen Männer fehlte eine große Zahl von Arbeitskräften. Die Kriegswirtschaft ließ sich nur mit der massenhaften Ausbeutung von Zwangsarbeiter/-innen aufrechterhalten. Zwangsarbeit fand in Arbeitshäusern, Konzentrationslagern und Ghettos, aber auch in der Landwirtschaft, in Unternehmen und sogar in Privathaushalten statt. Für ihre Arbeit erhielten die Zwangsarbeiter/-innen keinen oder nur geringen Lohn. Unter anderem politische Gegner/-innen, Juden und Jüdinnen, Sinti und Roma und Kriegsgefangene mussten Zwangsarbeit leisten. Außerdem wurden rund 8,4 Millionen Menschen aus den besetzten Ländern, besonders aus Osteuropa, entweder zur Arbeit ins Deutsche Reich verschleppt oder unter falschen Versprechungen dorthin gelockt, wo sie ebenfalls als Zwangsarbeiter/-innen ausgebeutet wurden. Sie wurden meist strikt getrennt von der deutschen Bevölkerung in einem der 30.000 Arbeitslager untergebracht, schlecht ernährt und misshandelt.
Zwangssterilisation
In der Zeit des Nationalsozialismus führten Ärzte Zwangssterilisationen an etwa 400.000 Menschen durch. Die Menschen wurden gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht. Die gesetzliche Grundlage dafür bildete das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses«, das im Januar 1934 in Kraft trat. Verschiedene, meist unwissenschaftliche und ungenaue Diagnosen von angeblich erblichen Krankheiten, wie »angeborener Schwachsinn«, führten zu einer Zwangssterilisation. Die Entscheidungen trafen eigens gebildete »Erbgesundheitsgerichte«. Betroffen waren vor allem Menschen mit Beeinträchtigungen und psychischen Krankheiten, Personen, die sich sozial unangepasst verhielten, Alkoholkranke, Homosexuelle sowie einige Afrodeutsche und Zwangsarbeiter/-innen. Laut der nationalsozialistischen »Rassenlehre« galten sie als »genetisch minderwertig« und sollten sich daher nicht fortpflanzen. Etwa 5.000 Frauen und Männer starben an den Folgen der Eingriffe, andere wurden später in der »Aktion T4« ermordet. Die Überlebenden wurden lange aus dem gesellschaftlichen Gedenken und bis heute von einer finanziellen »Entschädigung« als Verfolgte des Nationalsozialismus ausgeschlossen. Erst 1988 erklärte der Bundestag das Gesetz zu nationalsozialistischem Unrecht.
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